Vorwort
Alle Namen, Personen, Hotels
und Handlungen
sind von mir
frei erfunden.
Zu den Namen:
Die Namen habe ich aus
den jeweiligen Einträgen in
der Wikipedia entnommen.
Die Südtiroler Vornamen
stammen aus der Landesveröffentlichung
"Vornamen in Südtirol" von 2017
Irgend welche Übereinstimmungen
sind reiner Zufall und
garantiert nicht
gewollt.
Die Handlung habe ich lediglich
nach persönlichen Wahrnehmungen
konstruiert.
Darin könnte etwas Wahrheit liegen.
KhBeyer
Der Fund
Wie üblich, fährt Andreas am Montagmorgen zum Schnalser Stausee. Im Tal ist zu dieser Zeit eher der Gegenverkehr in Richtung Meran und Schlanders unterwegs. Andreas kann locker und gemütlich fahren. Der erste Weg führt ihn in die Tankstelle in Pifrol, wo er viele seiner Kollegen und Freunde beim Frühstück trifft. Für Gewöhnlich isst er dort ein großes Panini mit Schnalser Speck und Käse. Die Brötchen der örtlichen Bäckerei mag er besonders. Er will sie nicht gegen irgendwelche Panini anderer Bäckereien tauschen. Die hier, sind einfach eine Wucht und wirklich jeden Cent wert. Den Blick in die Zeitung kann sich Andreas sparen. Die mündlichen Nachrichten der Bewohner des Tales sind tausend Mal überzeugender und wesentlich aktueller als die aus den Medien der Landeshauptstadt.
Um diese Zeit ist es am Stausee etwas frisch. Andreas lässt sich einen keinen Schuss in den Kaffee geben. Das morgendliche Frostgefühl lässt umgehend nach. Nach dem Blick auf die Uhr, entschließt sich Andreas, los zu fahren.
Die Wirtschaft an der Staumauer hat noch nicht geöffnet. Es stehen schon ein paar Autos auf dem Parkplatz. Sicher die von Anglern oder vom Hotelpersonal der Umgebung.
Andreas läuft auf die Mauer. Das gehört zu seinem Kontrollgang. Im Wasser sieht er einen Gegenstand, der nicht ganz an der Oberfläche schwimmt. Zuerst denkt er, es wäre ein Baumstamm. Dunkel und länglich. 'Hat Jemand einen Stamm vom Holzschnitt in Wasser geschmissen?', denkt er sich. Oberhalb vom See, haben Bauern, Holz in ein und zwei Meter Stücke geschnitten. Wahrscheinlich lässt es sich so besser transportieren. Ein Stück könnte weg gerollt sein.
Das Gelände dort ist stellenweise sehr abfallend. Andreas holt sich einen Haken. Er möchte das Stück Holz an Land ziehen. Kaum hat der Haken den Kontakt mit dem vermeintlichen Stück Holz, muss Andreas feststellen, es ist ein Mensch. Zuerst denkt Andreas an seine Nachbarn. Die haben in den Tagen Holz geschnitten. Er glaubt an einen Unfall. Seine Wunde am Hinterkopf, die Holzsplitter im Kopf, lassen ihn das vermuten.
In der Tankstelle war aber keine Rede davon. Auch keine Rede von einem Unfall in der Nachbarschaft. Andreas ruft den Notdienst an. Mehr möchte er erst mal nicht tun. Er glaubt nicht daran, hier ließe sich Etwas retten. Nach dreißig Minuten kommt schon die Rettung. Die kommen nicht allein.
Die Carabinieri des Ortes haben es nicht weit. Sie sind auch gleich da und sperren die Gegend ab. Sogar die Straße. Die Carabinieri kennen Andreas. "Für das Protokoll müssen wir trotzdem die Fragen stellen", sagt Silvio, der Carabinieri.
Andreas wohnt in Katharinaberg, kommt aber von weiter Hinten aus Weithal. Er arbeitet bei dem Energieunternehmen und ist eigentlich dankbar dafür. Im Tal gibt es sonst sehr wenige Arbeitsstellen, die ihn interessieren würden. Seine Familie hat ein paar Kühe und weiter oben, in Kurzras, eine kleinere Schafherde. Die Schafherde betreut ein Freund mit, der eine etwas größere Herde besitzt. Gelegentlich geht der Freund mit der Herde auf einen Almtrieb. Andreas Eltern haben damit wenig zu tun.
Andreas hat eigentlich Elektriker gelernt. In seinem Unternehmen, einem Energieunternehmen, ist das schon fast eine Grundbedingung. Der Zuverdienst für die Familie ist trotz diverser Förderungen, notwendig. Viele Bauern gehen nebenbei noch etwas dazu verdienen.
Die Kontrollgänge kommen ihm recht gelegen. Der Dienst in der Werkstatt ist fast schon etwas eintönig. Die frische Luft und die recht frühe Sonne am Stausee, empfindet er als gute Abwechslung.
Eine Frau hat Andreas noch nicht gefunden. Gelegentlich trifft er eine Freundin. Agnes, heißt die Gute. Agnes ist eine Friseuse. Sie hat einen eigenen Salon und ist dort Pächterin. Agnes Familie sind auch Bauern. Sie haben Kühe und liefern Milch.
Zur Befragung kommt pünktlich Marco. Etwas später gesellt sich Toni dazu. Toni kommt wie immer, mit dem Motorrad. Marco ist mit seinem neuen Auto unterwegs. Ein recht sportliches aussehendes Gerät aus Schweden. Toni schleicht um das Auto, um es zu begutachten. Es folgt der Blick auf den Tacho und das Armaturenbrett. "Kompliment, mein Guter!"
Mit den Haken haben die Carabinieri bereits das Opfer auf die Staumauer gezogen. Ein männliches Opfer, stellen sie fest. Das Wasser ist recht warm für die erste Oktoberwoche. Der Tote ist entsprechend aufgequollen. Ins Protokoll schreiben sie auch von den Holzsplittern im Kopf.
Die zwei Kommissare durchsuchen zuerst die Taschen. Sie finden ein Portemonnaie, Papiere, mehrere Taschenmesser, einen Multi – Schraubenschlüssel, einen Multi – Schraubendreher und ein Campingbesteck. Sie packen Alles ein. "Das geht ins Labor", sagt Toni. Toni bestätigt die Kopfverletzung. Ein abgebrochener Ast, hat dem Opfer die Schädeldecke durchbohrt.
Die Sanitäter verpacken das Opfer und verladen ihn in ein Auto.
Auf dem Parkplatz vor der Staumauer versammeln sich schon reichlich Gaffer. Sie fotografieren. Die Carabinieri möchten das nicht. Es gibt Streit. Die Carabinieri wenden ein ganz einfaches Mittel an, um den Streit zu beenden. Sie reden ab jetzt nur noch Italienisch. Schon haben sich die Schaulustigen aufgelöst, bis auf ein paar italienische Landsleute. Die haben Respekt und folgen den Anweisungen der Carabinieri.
Inzwischen hat das Cafe mit dem Imbiss geöffnet. Die Gastwirtsfamilie freut sich über die Masse an Besuchern um diese Zeit. Bisweilen müssen sie, die nicht konsumierenden Schaulustigen, zu etwas Konsum animieren. "Was wünschen sie? Der Platz ist für unsere Gäste reserviert." An der Theke amüsieren sich die Wirtsleute. "Ein Kaffee für vier Personen."
Die beste Methode, den Konsum etwas anzuregen, ist, eine Kanne Wasser zum Kaffee zu servieren. Einen Euro, dürfte der zusätzliche Service, Wert sein. Die Gäste tuscheln hinter dem Rücken der Wirtsleute. "Eine Schande! Leitungswasser für einen Euro. Das gibt es ja in Flaschen billiger."
"Aber nicht aus polierten Gläsern, die Dame", antwortet die Tochter des Gastwirtes.
"Der Kaffee schmeckt mir auch nicht!"
"Der kostet aber trotzdem zwei Euro sechzig", gibt die Kellnerin zum Besten.
"Die Unterhaltung dazu, ist im Preis inbegriffen", ruft der Chef von Hinten.
Toni nutzt sein Motorrad, um den See zu umfahren. Vielleicht steht ein verlassenes Fahrzeug da. Mit dem Handy fotografiert er sämtliche Fahrzeuge, die er am See findet. Auch die auf den Parkplätzen. Es sind immerhin, fast dreißig Autos. Er sucht Zeugen. Einige spazieren im Wald und am See. Andere angeln. Er fragt die Leute, ob sie irgend Etwas bemerkt haben. Die meisten antworten, sie wären gerade erst gekommen. Bei den Anglern sieht das etwas anders aus. Zwei sind schon einige Stunden vor Ort. Einer stellt sich etwas mürrisch als Markus vor. Er kommt aus Naturns. Joseph ist der zweite Angler. Er kommt aus Karthaus. Also, aus dem Tal. Während aus Markus kaum ein Wort heraus zu bekommen ist, wirkt Joseph etwas gesprächiger. Joseph hat aber auch schon reichlich am Brustwärmer genascht. Er bietet Toni einen Schluck an. "Selbst gebrannt."
"Ich kann jetzt nichts trinken, Danke."
Auf die Frage, ob er etwas gehört oder gesehen hat, antwortet Joseph: "Etwas schon. Ein Plätschern."
"Wann hast du das gehört"
"So geschätzt, gegen Vier."
"Ich notiere mir das mal kurz. Halte Dich bitte zur Verfügung."
Joseph gibt ihm seine Telefonnummer. Toni reicht ihm seine Karte. Markus gibt er auch eine Karte. "Wenn dir etwas einfällt, ruf mich an."
Soviel Toni weiß, wird der Stausee von Vernagt, mit Fischen zum Angeln besetzt. Neben Saiblingen, werden verschiedene Forellenarten ausgebracht. Mit dem Tageslicht entsteht im See eine Farbe, die etwas an Türkis erinnert. Wäre Toni ein Geologe, würde er hier Kupfer vermuten. Die Farbe gibt es in vielen Seen in Südtirol und im Trentino.
"Kann das Plätschern auch von Fischen verursacht worden sein?", hakt er im Gehen bei Joseph nach.
"Wenn, dann von einer Riesenforelle", antwortet Joseph. "So eine hätte ich gern mal an der Angel."
Markus lacht über die Bemerkung. Er hatte im letzten Jahr den größten Fang.
Bei der weiteren Suche um den See, bemerkt Toni viele italienische Touristen. Sie fotografieren und schauen nebenbei nach ein paar Pilzen. Um den See werden reichlich Pilze vermutet. Weniger Steinpilze, dafür aber reichlich Butterpilze und Goldschwammerln. Um den Stausee stehen reichlich Lärchen. Die wirken wie Magnete auf Pilzsammler.
Die Leute, die Toni trifft, fragt er, wann sie gekommen sind. Er stellt sich als Kommissar vor. Sonst würde er wohl keine Antwort bekommen. Die meisten Besucher sind Gäste in einem der Hotels des Tales. Das Gros kommt aus Kurzras unterhalb des Schnalser Gletschers.
Marco geht indes in Vernagt nach Zeugen suchen. Die Leute wirken teilweise etwas verschlossen. Die Begrüßung ist aber stets herzlich und einladend.
Die Schäferfamilien sind seit vierzehn Tagen vom Schafübertrieb zurück. Das ist eine recht spektakuläre Veranstaltung im Schnalstal. Der Übertrieb gibt reichlich Nachbearbeitung zu Hause. Die Schlachtung der Tiere, die über Winter nicht versorgt werden können, ist angesagt.
Im ganzen Ort riecht es gegen Mittag nach Schöpsernem.
Im Zusammenhang mit den Feierlichkeiten oder dem Übertrieb, wurden keine Opfer gemeldet. Man ist vollzählig im Ort und im Tal.
Marco ruft Toni an und sagt, er fährt jetzt wieder ins Büro. Die, beim Opfer gefundenen Sachen, müssen bestimmt werden. Toni sagt, er bleibt noch etwas. Er möchte noch oberhalb des Sees Befragungen durchführen.
Am See ist Alles erledigt und Toni fährt mit dem Motorrad in Richtung Kurzras. An den Gasthöfen hält er an und befragt die Besucher der Stammtische und die Wirtsleute.
In einem großen Hotel in Kurzras geht Toni an die Rezeption. Dort trägt er sein Anliegen vor. Der Manager, ein italienischer Landsmann, empfängt ihn.
Bei der Befragung stellt sich heraus, einige Mitarbeiter sind abkömmlich. Silvio, der Manager, findet das aber normal in seinem Betrieb. Toni verlangt die Liste der Mitarbeiter, die fehlen. Silvio lässt sie ihm zusammen stellen.
Eine Sekretärin mit einem Kurzen Schwarzen bekleidet, bringt ihm die Liste. Sie läuft wie auf einem Laufsteg. Silvio lächelt sie an. Toni denkt sich seinen Teil.
Toni studiert die Liste gleich vor Ort. Vielleicht entdeckt er Anhaltspunkte. Die Sekretärin schmiert noch etwas um den Schreibtisch und macht einladende, bewusst ungeschickte Bewegungen.
"Darf ich noch Etwas bringen?"
Silvio fragt umgehend, ob Toni einen Kaffee oder Tee möchte.
"Einen doppelten Macciato bitte."
Auf der Liste sind einige Gastarbeiter eingetragen. Ungarn, Polen, Slowaken und, man staune, Italiener aus Kalabrien. Toni muss die Daten mitnehmen und mit den Papieren bei Marco vergleichen.
Auf dem Weg zurück spürt Toni mit dem Motorrad, die Außenseite ist oberhalb der Viadukte, ziemlich gefährlich. Der Abgrund hinter der kurzen Mauer am Straßenaußenrand, kurz vor Juval, scheint hundert Meter tief zu sein. Ein nachlässiger Fahrer im Gegenverkehr, der üblicherweise die Kurve, Spur übergreifend – ausholend anfährt, kann dort für einen kostenlosen Flugunterricht sorgen. Ein Linienbus im Gegenverkehr reicht für einen Freiflug. Es gilt, vorhandene Spiegel gut zu beobachten. Bei Regen, der dort nicht selten ist, kann das ziemlich problematisch sein.
Unten angekommen, herrscht schon wieder Stau. Und das schon vor Naturns. Zu dieser Tageszeit. Toni schüttelt den Kopf. Er wird bei Naturns abbiegen. Vielleicht fährt er durch die Apfelplantagen. Mit dem Motorrad geht das bei achtsamer Fahrt.
Nach Naturns ist von dem Stau nichts mehr zu sehen. Toni vermutet einen Unfall im Tunnel.
Kaum ist er in Meran angekommen, trifft er auch Marco. Marco ist schon vor ihm aufgebrochen. Die gefundenen Sachen geben sie der Spurensicherung. Im Büro überlegen sich die Zwei, wie sie weiter vorgehen.
Heute ist erst einmal Feierabend. Toni fragt Marco, ob er nicht mal mit seiner Veronika auf die Hütte kommen möchte. Matteo, der Sohn, würde sich garantiert darüber freuen. "Immer in der Stadt. Das ist kein Auskommen."
"Höchstens am Wochenende", ist die trockene Antwort Marcos. "Unter der Woche hat Veronika einfach zu viel zu tun."
"Arbeitet sie noch bei der Gewerkschaft?"
"Ja, sicher. Es gibt viel Arbeit bei ihnen, weil die höher liegenden Betriebe schon die Saison beendet haben."
Marco nimmt sich seine Notizen mit und fährt nach Hause.
Monika wartet schon. Sie war bei ihren Eltern.
"Diese Woche haben wir viel zu tun. Papa ist krank."
"Wünsch ihm Gute Besserung von mir. Hast du gleich etwas zu Essen mitgebracht?"
Toni bemerkt zwei große gegrillte Koteletts, eingepackt in Alufolie.
Monika hat ihm ein Bier mitgebracht. Toni trinkt selten Bier und nur wirklich süßen Wein. Das saure Zeug schmeckt ihm nicht. Egal, unter welchem Pseudonamen das verkauft wird. Trocken, extra trocken oder furztrocken. Monika ahnte das. Sie hat Marsala und Vino Santo ein getan. Toni gratuliert ihr zu dieser Wahl. Bei Bier bevorzugt Toni alkoholfreies. Zum Glück bieten das jetzt auch Südtiroler Brauereien.
Monika ist zufrieden mit ihrem Mann. Der säuft nicht. Und kochen kann der auch noch. Da würde eigentlich nur Eins fehlen. Ausgerechnet das, kann er auch. Ein glücklicher Griff.
Nach dem Abendessen schauen sich die Zwei die Notizen an, die Toni gemacht hat. Monika denkt, das Opfer ist ein Saisonarbeiter. Toni denkt das Gleiche. Es gibt, bis auf drei Bergsteiger, keine Vermisstenanzeigen. Die Bergsteiger werden im Ortlergebiet vermisst. Seit zwei Tagen fliegt die Bergrettung regelmäßig Streife. Bisher gibt es keine Funde.
Das Wetter heute ist sehr ruhig. Die Abendsonne zeigt sich nur mit einem gelbroten Rand hinter den Bergen.
Marco ruft noch einmal an. "Morgen bekommen wir schon die Daten. Gute Nacht."
Am Morgen fahren die Zwei zur Arbeit. Moni in die Boxerhütte und Toni nach Meran. Für den Weg zur Boxerhütte nutzt Monika neuerdings ein Quad. Ein Elektroquad. Toni hört sie gar nicht bei ihrer Abfahrt. Er nimmt sich vor, in den kommenden Tagen das Teil mal zu probieren. Es sieht recht wuchtig aus.
Das Laub auf der Straße in die Töll ist noch etwas feucht. Toni fährt wie auf Eiern. Er nimmt sich vor, unten in Rabland einen Garagenplatz für sein Motorrad zu suchen. So kann er mit der Seilbahn fahren. Mit dem Auto nach Meran zu fahren, kostet einfach zu viel Zeit. Das Gleiche gilt auch für die Bahn oder gar für das Fahrrad. Ein Elektroquad gänge vielleicht. Nur, mit dem stünde er auch im Stau. Und ob dafür die Batterie reicht? Das bezweifelt Toni zu Recht. 'Das Motorrad ist und bleibt das Beste', denkt er sich.
Kaum ist er im Büro, kommt schon eine Kollegin und bringt die Daten der Proben. Das Opfer ist tatsächlich ein Saisonarbeiter. Er heißt Soltan und ist ein Ungar. Den Papieren nach, arbeitet er schon viele Jahre in Südtirol. In Dorf Tirol, in Schenna und in Meran. Toni steht ein hartes Programm bevor.
Zuerst geht er auf das Arbeitsamt, um zu erfahren, wo Soltan überall gearbeitet hat. Die einzelnen Betriebe müssen abgeklappert werden. Vielleicht gibt es Zeugen und Aussagen. Hat Soltan eine Freundin oder Frau? Gibt es eine Familie bei ihm zu Hause?
Das Amt hat fast alle Daten von Soltan. Marco gibt seiner Veronika die Daten. Veronika sucht in den Unterlagen der Gewerkschaft. Volltreffer. Die Gewerkschaft hat mehr Unterlagen als das Arbeitsamt. Jetzt gilt es nur noch zu erfahren, was Soltan ausgerechnet am Stausee wollte.
Den Unterlagen nach, kommt Soltan vom Plattensee. Balaton. Aus Balatonfüred. Toni kann sich erinnern. Er war dort schon mal drei Tage. 'Wieso arbeiten die Ungarn vom Balaton ausgerechnet hier?', fragt er sich. 'Die haben dort doch auch Saison.' Er kann sich das nicht so richtig erklären.
Vielleicht wollte er sich zu Hause ein Geschäft aufbauen. Das Geld dafür, konnte er sich hier verdienen.
Jetzt gilt es, heraus zu finden, ob eventuell Angehörige da sind. Toni ist sich sicher, Angehörige zu finden.
Zunächst nimmt er telefonischen Kontakt mit den dortigen Behörden auf. Zu seiner Überraschung, sprechen die sehr gut Deutsch. Offensichtlich sind deutsche Touristen deren Haupttouristen. Österreicher und Schweizer sprechen ja auch deutsch. Er ist überrascht von den guten Sprachkenntnissen.
Es gibt eine Familie von Soltan. Eine Frau, ein Kind und beide Eltern nebst Schwiegereltern. Toni überlegt, wie er dieser Familie die traurige Nachricht übermitteln kann. 'Sage ich es kurz oder hole ich weit aus? Sage ich es dem Amt?'
Toni will es persönlich tun. Das Amt zu Hause bei Soltan gibt ihm die Adresse und die Telefonnummer. Die schlechte Nachricht per Telefon zu übermitteln, kommt Toni etwas unpersönlich vor. Er entscheidet sich, die Nachricht über die ungarischen Kollegen mitteilen zu lassen. Die Angehörigen müssen noch zur Identifikation kommen. Das Land bezahlt die Anreise.
Der Tag ist schnell vorüber. Die Kontakte nach Ungarn waren sehr zeitintensiv. Toni will aber noch die letzte Arbeitsstelle heraus bekommen. Und siehe da, Soltan hat bei Silvio gearbeitet. In dem Hotelklotz in Kurzras. Alpenrast. Der Komplex wirkt wie aus einem Stück. Restaurants, Geschäfte, Dienstleistungen. Alles in einem Komplex. Gegenüber geht die Seilbahn hinauf zum Gletscherhotel. Unten ist alles grün und Oben, fährt man Ski. Traumhaft.
Die Ermittlung
Toni meldet sich bei Silvio an. Er möchte das Personalzimmer von Soltan sehen.
"Jetzt muss ich wieder ins Schnalstal", sagt er zu Marco am Telefon.
"Soll ich mit suchen?"
"Das kannst du schon. Wir müssen schnell sein, bevor irgend Jemand das Zimmer zu stark verändert."
"Ich rufe Silvio an, er soll das Zimmer versiegeln."
"Hab ich schon getan."
"Wir treffen uns dort."
Toni fährt mit dem Motorrad. Das Wetter ist etwas wechselhaft. Der Himmel sieht nicht besonders einladend aus. Toni packt die Regenkombi mit ein.
Bis nach Kurzras hinauf bleibt es trocken. Es scheint sich etwas auf zuziehen.
An der Rezeption wartet Silvio bereits. Er hat Sorgenfalten auf der Stirn. Ganz ruhig sagt er zu Toni: "Hoffentlich merken unsere Gäste nichts."
Die Sekretärin bringt wieder den Kaffee. Heute trägt sie Hosen. Die trägt sie so eng, wie eine zweite Haut. Ihr Schambereich ist bildhaft in die Hose gedruckt.
"Ist sie schon mal sexuell belästigt worden?", fragt Toni, Silvio. "Ich hab fast den Verdacht, sie will das."
"Beklagen kann die sich aber nicht bei dem Auftritt. Das wäre damit vergleichbar, als würde ich Hosen aus Frischhaltefolie tragen."
"Du Scherzbold. In der Saison sind alle mal in Not."
"In Dauernot oder gelegentlich?"
Marco kommt zu dem Gespräch. Er hört lieber etwas weg. Ihn interessiert das wenig.
Beide gehen auf das Zimmer. Das Siegel ist gebrochen. Es war Besuch da. Die Kollegen, welche die Zwei treffen, wissen von nichts. "Vielleicht waren es Gäste."
'Es gibt wieder keine Schuldigen', denkt sich Toni.
"Die glotzen überall rein. Auch in unsere Zimmer."
"Die Ausrede ist gut", sagt Marco zu einem Angestellten.
"Wir brauchen von Allen die persönlichen Daten", fügt er an.
Eigentlich stehen die unten in den Arbeitsverträgen. Trotzdem will Marco das mit den Pässen abgleichen.
"Ich hab schon Pferde kotzen sehen", sagt er zu Toni.
Soltan hat auf dem Zimmer nicht allein geschlafen. Der Kollege von Soltan arbeitet gerade. Er musste aus dem Zimmer ausziehen. Das erklärt den Beiden das kleine Durcheinander. Neben diversen Proben, nehmen die Zwei Briefe, Notizen und Bilder mit. Sogar das Handy liegt noch da.
"Der ist ohne Handy aus dem Haus gegangen?"
Toni notiert sich das.
Der Zimmerkollege von Soltan kommt. Er stellt sich mit Petr vor. Marco schreibt sich Peter auf. Petr berichtigt ihn und sagt. "Petr."
"Was ist der Unterschied?"
"Es wird wie Pjotr gesprochen."
"Ach so. Waren sie mit Soltan befreundet?"
"Wir arbeiten seit acht Jahren zusammen."
"Hier oder auch wo anders?"
"Hier in Südtirol. Im Pustertal, auf der Seiser Alm und auf dem Reschen."
"Gefällt es ihnen hier in Südtirol?"
"Die Landschaft etwas. Die Arbeit nicht."
"Was verdienen sie hier?"
"Mit a la carte und Kasse, etwa zweitausend fünfhundert. Ohne Kasse und a la carte, eintausend vierhundert."
"Und zu Hause? Was verdienen sie da?"
"Einhundert Euro weniger."
"Warum sind sie dann hier?"
"Weil ich im vergangenem Jahr, hier, Ja gesagt habe. Ich hatte auch ein paar Freunde hier. Damit ist gesagt, ich komme nächstes Jahr nicht mehr."
"Mein Beileid. Trotzdem müssen sie mir noch etwas zur Verfügung stehen wegen Soltan."
"Gerne."
"Hatte Soltan eine Freundin?"
"Zu Hause hat er keine. Ich spreche auch Ungarisch. Wir haben uns oft besucht."
"Und hier?"
"Schon. Mal Diese oder mal Jene. Zuletzt ging er scheinbar etwas fester mit Jolka."
"Jolka klingt aber nicht ungarisch."
"Jolka ist Polin. Sie ist, glaub ich, mit Darek verheiratet."
"Also, ist sie mit Soltan fremd gegangen."
"Das glaube nicht. Darek ist mein Oberkellner und Jolka die Barfrau. Ich glaube, Darek hatte nichts dagegen, wenn Jolka etwas dazu verdient."
"Er ist sozusagen, der Zuhälter."
"Das auch nicht. Darek braucht Kontakte. Er handelt auf dem Bauernmarkt auch mit gebrauchten Skiausrüstungen, Textilien, Fahrrädern und Kinderspielsachen aus dem Westen."
"Alles klar. Ich komme noch auf sie zu."
"Sie können ruhig du zu mir sagen."
"Ich bin Marco. Mein Kollege ist Toni. Seine Frau ist Monika."
"Danke Marco. Bis später."
Toni hat Darek zu sich rufen lassen. Das hat etwas gedauert. Darek leitet gerade das Nachfüllen des Buffets. Es gibt viele Beschwerden, weil das Buffet angeblich zu leer wäre. Dazu hat er gerade eine Auseinandersetzung mit einem Gast, der das Fünf-Minuten-Ei moniert.
"Sie sind hier auf fünfzehn hundert Meter Höhe. Da werden Fünf-Minute-Eier etwas weicher."
Der Disput geht ewig. Eine Serviererin muss Darek losreißen. Jetzt streitet sie mit dem Hotelgast.
"Sie bekommen doch die Frühstückseier inklusive."
Der Hotelgast stammelt, "ja, aber…"
"Das sind unsere Frühstückseier, die inklusive sind."
Der Gast hat das vermutlich begriffen. Er zieht kleinlaut vom Platz. Darek wundert sich, wie die Kollegin das gemeistert hat. 'Die lasse ich jetzt immer meine Problemfälle klären' denkt er sich.
Marco schüttelt mit dem Kopf. Erst jetzt begreift er, mit welchen Leuten sich das Hotelpersonal befassen muss. Toni lacht. "Jetzt willst du kein Gastwirt mehr werden."
"Gott bewahre."
Darek kommt jetzt lächelnd. Die Frage, ob das Lächeln aufgesetzt ist oder nicht, stellt sich Toni jetzt nicht. Er bemerkt den rasanten Verfall der Freundlichkeit. Darek wird ernster.
"Ist Soltan ein Freund gewesen von Ihnen?"
"Ich bin Darek."
"Ich Toni."
"Soltan ist gelegentlich mit Jolka ausgegangen."
"War dir das recht?"
"Schon."
"Jolka ist aber deine Frau; oder?"
"Ja. Aber ich arbeite, wenn sie frei hat und umgekehrt."
"Also geht es um Freizeit, Abwechslung und Spaß."
"Besser kann man es nicht sagen."
"Wo lebst du in Polen?"
"Im Gebiet Lublin – Bialystok."
"Hat deine Familie dort Besitz?"
"Sehr großen Besitz. Landwirtschaft."
"Und warum arbeitet ihr hier?"
"In Polen ist die Landwirtschaft seit der Europäischen Union kaputt gemacht worden. Wir können davon nicht leben."
"Herzliches Beileid."
"Danke."
"Wenn ich noch Fragen habe, treffen wir uns."
Toni denkt gerade an die Bauernfamilien in Europa. In Polen und der Ukraine läuft das gleiche Szenario. Seine Familie hat deshalb aufgehört mit Landwirtschaft. 'Die Leute, die alle Menschen ernähren, werden in dieser Diktatur behandelt wie Abschaum. Sie werden millionenfach von ihrem Land und ihrer Arbeit vertrieben. Jetzt gehen sie bei Denen abspülen und Müll wegräumen, die nichts an sie für ihre Produkte bezahlen wollen. Im Kaufhaus, auf dem Markt und im Hotel, bezahlen sie dumm – lächelnd den zwanzigfachen Preis.
Darek möchte, wie alle seine Nachbarn, sein Land nicht noch an Besatzer und Plünderer verlieren. Genau deshalb geht er und seine Familie, arbeiten. Darek hat es scheinbar weit gebracht. Er ist Oberkellner und hat damit die Kassengewalt.
Wenn einer seiner Kollegen klaut, muss er zahlen.
Toni hat eigentlich genug erfahren. Jetzt könnte er noch andere Kollegen anhören. Ohne Spuren hingegen, kann er nichts anfangen. Sie müssen jetzt das Gesagte und das Gefundene auswerten.
Vielleicht findet er noch am See einige Hinweise. Dort hat er aber eigentlich genug gefunden. Die Funde aus dem Zimmer muss er auch noch auswerten. Jetzt ginge es eigentlich darum, die anderen Arbeitsstätten ab zu klappern und dort Zeugen oder Beweise zu finden. Er schaut in seine Notizen. Die jeweiligen Arbeitsverhältnisse sind abzurufen. Er muss aufs Patronat, auf das Arbeitsamt, die INPS und eventuell – ungemeldeten Arbeitsverhältnissen nachgehen. 'Das wird lustig', denkt er sich. Er sieht vor sich reichlich zuckende Achseln.
Im Büro wartet Monika schon sehnsüchtig.
"Hast du schon irgendwelche Unterlagen gefunden?"
Toni übergibt ihr den gesamten Fundus.
"Suche mal bitte, wo Soltan überall gearbeitet hat."
"In Kurzras hat sich wohl keine Spur ergeben?"
"Naja, Ein paar lose Verdächtige. Sonst wenig."
Monika packt die Bilder aus.
"Ist er das?"
Sie hält Toni ein Bild unter die Nase.
"Ja."
"Naja. Mit dem hätte ich auch Schafe gehütet."
"Nur Schafe?"
"Bei Schafen kann man öfter mal wegschauen."
Monika lacht. Toni steckt immer noch im Fundus fest. Er ist hoch konzentriert. Ringe, Kettchen, kleine Bildchen und ein paar Liebesbriefe sind dabei.
Die Liebesbriefe überfliegt er kurz. Dabei findet er Namen von Frauen und Freundinnen. Einheimische sind dabei. Toni staunt und erzählt es Monika. Monika fängt sofort an, weiter zu lesen. Marco sagt, die Spurensicherung hätte über zwanzig verschiedene Fingerabdrücke und Genspuren, allein an diesen Artefakten sicher gestellt.
"Ich hatte schon vermutet, dass es lustig wird", sagt Toni.
"Wir müssen zuerst die anderen Hotels ermitteln", antwortet Marco. Die Drei stellen die ersten Anfragen an die verschiedenen Büros zusammen.
Der Arbeitstag ist schnell zu Ende gegangen. Die Drei wollen heute Pizza essen gehen.
"Am besten, wir gehen gleich in Rabland gegenüber der Aschbachbahn, in der Laterne einkehren", sagt Toni. Gared, der Pizzaiolo, bäckt eine hervorragende Pizza.
Nach dem Abschied fahren die Zwei wieder auf ihre Hütte. Es ist etwas frisch. Toni stellt tagsüber einen Elektroheizer an. Der ist mit einem Temperaturfühler. Wahrscheinlich ist das Gerät kaputt gegangen. Ersatz hat er bereits da. Vielleicht kann er das Gerät bauen. Er stellt den Heizlüfter in seine Werkstatt.
Monika möchte auch den Tauchsieder im Duschwasser anstellen. "Das geht nicht zusammen", sagt Toni. "Ich habe den Vertrag über drei Kilowatt."
"Dann können wir erst morgen duschen. Heute wird sich kalt gewaschen", sagt Monika.
"Ich habe die Induktionsplatte. Auf der können wir kurz die Schüssel mit dem Waschwasser erwärmen."
Monika ist begeistert. Toni hat also doch warmes Wasser.
Am Morgen duschen die Zwei. Toni macht das eigentlich nicht gern. Wegen dem Schweißfuß. Als Ausnahme geht das.
Ins Büro fahren sie zusammen. Mit dem Motorrad.
Marco wartet schon. Er hat einen Diebstahl mit aufzuklären. Der Diebstahl wurde heute von Hotelgästen angezeigt. Zufällig müssen Toni und Monika auch in das Hotel. Darek hat dort gearbeitet. Dort stehen ein paar Erkundungen an.
Sie fahren gemeinsam auf den Reschen.
Die Apfelbauern sind noch voll bei der Ernte. Andere sind schon bei der Nachbereitung. Überall stehen grüne, große Paletten voll mit Äpfeln. Mit kleinen Traktoren fahren die Bauern die Kisten zusammen. Aller paar Kilometer kommt ihnen ein Lastwagen entgegen, auf dem diese Kisten voller Äpfel stehen.
Kaum sind sie aus Mals raus, werden sie von einem recht frischen Wind empfangen. Monika zieht den Kragen zusammen. Kurz darauf kommen sie in St. Valentin an. Im Ort herrscht relative Stille. Sie sehen wenig Touristen.
Bis nach Graun, wo sie hin müssen, sind es nur wenige Kilometer. Kaum sind sie am Hotel Joseph angekommen, werden sie schon vom Portier erwartet.
"In der Garage sind sämtliche Autos ausgeräumt worden."
"Wo ist der Chef des Hauses?"
"In seinem Büro."
"Führe uns bitte zu ihm."
Im Büro begrüßen die Kommissare den Chef, der sich mit Florian vorstellt.
"Uns wurden die Autos der Gäste ausgeräumt. Ich habe auch meine Kollegen in Österreich davon informiert. Die haben reagiert und ihre Gendarmerie angerufen. Die Gendarmerie meldet einen Todesfall in dem Zusammenhang. Einen Rumäne. Bei ihm wurden einige gestohlene Gegenstände gefunden."
"Gut. Wir müssen mit unseren Österreichischen Kollegen reden. Wir melden uns", sagt Toni.
Marco hat kein Wort gesagt. Er hört sich an, wie Toni vorgehen möchte.
"Das fehlt uns gerade noch", sagt Toni. "Ein grenzübergreifender Fall. Und das zu unserem Schnalstaler."
"Der Schnalstaler Fall ist doch auch grenzübergreifend", antwortet Marco und lacht dazu. Monika lacht mit. Sie findet das spannend. "Irgendwie passen die Fälle auch zusammen", sagt sie zu Toni. Toni überlegt etwas. "Du könntest Recht haben." Er gibt Monika ein Küsschen dafür. Marco applaudiert.
"Gehen wir einkehren oder zum Imbiss am Turm?"
"Wenn der noch auf hat, gehen wir dorthin."
Der Imbiss hat noch geöffnet. Menschenschlangen, wie in der Saison, stehen nicht davor. Die Drei müssen nicht warten und werden sofort bedient. Gerade fährt ein Bus auf den Parkplatz. Die Türen öffnen sich und scheinbar alle Fahrgäste rennen gleichzeitig in Richtung Toiletten. Monika lacht.
"Bei zwei Toiletten und einer Sitzungszeit von zwei Minuten pro Benutzer, stehen die Letzten genau zwei Stunden."
Die Drei amüsieren sich darüber.
"In der Zeit, müssen die Ersten schon wieder", sagt Monika.
Marco lacht sich krumm. "Ende der Reise wegen Toilettenstau."
Die Kollegen in Landeck wollen nach Meran kommen. Heute haben sie keine Zeit. Sie stecken wegen dem Todesfall voll in ihren Ermittlungen. Es gibt mehrere Anzeichen von Bandenkriminalität. Am Ausgang der Täler sind viele Kontrollposten eingerichtet worden.
Die Drei entscheiden sich, ein wenig am Reschensee zu wandern. Die Wanderung brauchen sie, um ihre Gedanken zu ordnen. Es weht ein schöner, beharrlicher, frischer Wind aus einer Richtung. Die etwas längeren Haare von Marco bekommen am Hinterkopf einen neuen Scheitel.
"Zu Hause bist du schuppenfrei"; sagt Toni zu ihm.
Marco leidet, wegen der trockenen Luft bei uns, etwas an Schuppenbildung. Vor allem, im Winter. Toni trägt deshalb sehr kurzes Haar, das bisweilen fast wie eine Glatze aussieht.
Er schneidet seine Haare selbst. Jetzt hilft ihm Monika beim Haarschnitt.
Die Drei wollen sich im Büro treffen. "Mal sehen, wer zuerst da ist", sagt Marco.
"Dann können wir hier noch getrost ein Panino mit Schnitzel essen", scherzt Toni. Monika lacht darüber.
Im Büro angekommen, muss Toni über eine Stunde warten bis Marco kommt. Monika hat inzwischen Kaffee gefiltert und vom Laden um die Ecke, einen Rührkuchen mitgebracht.
Die ersten Spurenprotokolle sind angekommen.
Soltan hat mehrere Brüche an den Rippen und am Becken. Marco schätzt, er ist entweder gefallen oder wurde angefahren. Von entsprechenden Druckstellen, ist im Protokoll die Rede. Fotos liegen dabei. Es scheint, Soltan wurde nachträglich ins Wasser geworfen. Toni müsste den Tatort finden. Die Spuren fehlen ihm. Das macht die Aufklärung des Falles schwieriger. Den ganzen See jetzt wegen der Spurensuche sperren, wäre zu viel Aufwand.
Es muss andere Spuren geben.
Monika hat sich in den Briefen fest gelesen.
"Ich lese von einer Scheidung", sagt sie den zwei Kommissaren.
"Das ist eine Spur", sagt Toni zu ihr. Marco stuft das als nebensächlich ein. Scheidungen im Umfeld von Saisonkräften, findet er normal und logisch.
"Ja. Aber sie haben in einigen Hotels zusammen gearbeitet. Wir müssen dort nachfragen. Ich bin mir sicher, wir bekommen Hinweise", sagt Toni. Monika fängt an zu schwärmen. "Wir fahren auf die Seiser Alm? Das ist ja selbst für uns schon wie eine Auslandsreise. Müssen wir dort auch Eintrittsgeld bezahlen?"
"Ich versuche, das mit dem Ausweis zu verhindern", antwortet Toni.
"Privilegierter Südtiroler", sagt Marco und lacht laut. "Fast wie zu Hause. Die Südtiroler dürfen ihre eigenen Berge nicht besuchen."
"Psst", zischt Toni. "Nicht so laut! Das ist unser Land. Wir haben das so gewollt."
Die Drei verabreden sich auf Morgen zu dem Ausflug.
Marco geht heute sofort nach Hause. Er wird abgeholt von Veronika und Matteo. "Geb mir mal bitte ein paar Handschellen mit für deinen Kollegen", sagt Veronika zu Toni. "Der ist nie zu Hause. Hat der etwa eine neue Freundin?"
"Der hat ja selbst für dich und Matteo keine Zeit. Wann soll er dann eine neue Freundin bespringen? Ich glaube eher, er fährt gern Motorrad mit mir."
Veronika lacht. Selbst Matteo hat das begriffen und lacht mit.
"Willst du etwa auch ein Motorrad?", fragt Veronika ihren Marco. Marco wird etwas rot dabei. Er würde gern. Traut es sich aber nicht, zu sagen. "Eine Motorradstaffel mit Toni zusammen, wäre schon von Vorteil für uns."
"Wir gehen morgen bei Markus fragen, ob er dir ein Motorrad verkaufen kann."
Die Fünf verabschieden sich und fahren nach Hause.
Die Seilbahn am Morgen, fährt erst gegen Sieben. Ein Transport für Milch fährt etwas eher. Mit dem wollen Monika und Toni nach Unten. Die Aschbacher Bauern warten bereits auf die Seilbahn als die Zwei kommen. Die Bauern wissen Bescheid über die Ermittlungen Toni. Ein paar neugierige Fragen möchte Toni noch nicht beantworten. Die Bauern zeigen Verständnis. Die anderen Fragen betreffen eher das familiäre Glück der zwei frisch Verheirateten. Die Bauern wollen wohl eher ein rotes Gesicht sehen, um sich später am Stammtisch darüber zu amüsieren. Monika küsst Gerhard, einen der Bauern, auf die Wange und fragt ihn, wie sich das anfühlt. Jetzt wird der knallrot und Alle amüsieren sich über ihn. Der Tag scheint hier Oben, auf alle Fälle gerettet.
Unten in Meran wartet Marco mit einer Überraschung auf. Er sitzt tatsächlich auf einem Motorrad. Es ist auch noch fast das gleiche, wie es Toni fährt. Marcos Suzuki SV hat dreihundert und fünfzig Kubik weniger. "Für den Anfang reicht das", sagt er lächelnd. 'Wo hat der so schnell das Motorrad her?', fragt sich Toni. Marco sagt nichts dazu.
Die Drei radeln jetzt auf die Seiser Alm. Zum Erstaunen Tonis, fährt Marco fast wie ein Profi. 'Der ist sicher schon gefahren', denkt er sich. Die Straße nach Völs ist für die Drei fast schon eine Zumutung. Trotzdem ein recht brauchbarer Tunnel gebaut wurde. Damit sind zumindest die gefährlichsten Stellen weg. Den Dreien kommen zwei Busse entgegen. Und die haben es in sich. An der falschen Stelle, würde diese Begegnung sicher im Krankenhaus enden.
Selbst Toni bekommt an manchen Stellen feuchte Hände. Monika nimmt das bedeutend lockerer.
In Richtung Kastelruth, wird es bedeutend entspannter. Die feine Waldluft und die etwas feuchten Straßen, zwingen die Drei zu einer Spazierfahrt. Monika öffnet extra das Visier für diesen Duft.
Ab der Auffahrt zur Seiser Alm, wird es erheblich steiler. Auch dort kommen ihnen Bauern mit Edelstahlbehältern für frische Alpenmilch entgegen.
Auf der Straße zur Alm kommen sie an einen Kontrollpunkt. Eine weniger freundliche Frau empfängt sie hinter einer Glasscheibe. "Haben Sie einen Passierschein für die Alm?"
Toni zeigt seine Marke. Das beeindruckt die Dame wenig. "Sie müssen ein Tagesticket ziehen."
"Wir sind hier für eine Ermittlung."
"Das können Alle sagen."
"Rufen Sie bitte die Polizeipräfektur in Bozen oder Meran an."
"Ich sitze hier nicht, um Irgendwo anzurufen."
Marco muss anrufen. Die Präfektur verlangt, mit der Frau sprechen zu dürfen. Marco übergibt ihr das Telefon. Ab jetzt hören sie nur noch: "Ja, ja, aber…ja, ja, ist gut."
Sie dürfen für drei Euro je Kopf passieren. Kopfgeld. Es reicht für eine stark ermäßigte Durchfahrt. Toni verlangt dafür eine Quittung. Für dieses Verlangen erntet er finsterste Blicke. Es scheint, das dieses Kassenhäuschen den inneren Zusammenhalt, nachhaltig beschädigt. "Hier fahre ich nie wieder hin", sagt Toni. Der Weg nach Oben bekräftigt seine Ablehnung. Die Straße liegt voller Steinschläge. Nichts ist geputzt oder geräumt.
Oben angekommen, stehen sie anfänglich auf einem leeren Riesenparkplatz. "Für wen wurde dieser Parkplatz geteert?"
"Für die Radfahrer", sagt Marco.
"Ich hab nicht gedacht, das Fahrräder so viel Platz benötigen."
"Die Fahrräder nicht. Aber die Autos, mit denen die Räder bis hier her gekarrt werden."
Am Hotel Turmtaube angekommen, stellen die Drei fest, die Saison ist schon zu Ende hier. Sie klingeln, klopfen und hupen mit den Motorrädern. Keine Reaktion. Hinter einem Fenster bewegt sich eine Gardine. "Hier ist Jemand da", ruft Marco. Er klingelt noch einmal. Nach zehn Minuten öffnet sich die Tür. Eine etwas ältere Frau empfängt die Kommissare.
"Wir haben geschlossen."
"Wir sind von der Polizei und wollen gern etwas wissen über Darek oder Petr."
"Achso. Der Chef ist im Urlaub. Ich will mal sehen, ob ich ihnen helfen kann."
Alle gehen gemeinsam ins Büro und suchen die Personalordner. "Darek und Petr haben hier gearbeitet. "
Toni schreibt deren Nummern heraus und die Zeiten, die sie hier gearbeitet haben. Kaffee bekommen sie keinen angeboten. Auch sonstige Getränke nicht. Das ganze Treffen wirkt etwas abgekühlt und abweisend. Die Drei verabschieden sich sofort.
"Wenn das bei den Anderen auch so läuft, kommen wir nicht viel weiter", sagt Toni.
Sie entschließen sich, bei den Patronaten weiter zu suchen. Dort sind alle Daten zusammen gefasst. Danach werden sie alle Arbeitsstellen anschreiben, wo die Zwei gearbeitet haben. Das Gleiche machen sie auch mit den Daten von Soltan. "Es muss eine Spur geben", sagt Marco.
"Gehe doch mal in Krankenhaus. Vielleicht gibt es dort Unterlagen", sagt Monika.
Sie fahren gemeinsam zurück ins Büro. Kaum sind sie da, sagt eine Sekretärin, dass Unterlagen angekommen sind. Der dicke Briefumschlag liegt auf dem Schreibtisch von Toni. Nach dem Öffnen, stellt Toni fest, das Arbeitsamt hat eine Zusammenstellung der Arbeitsstellen ausgedruckt. Das Studium des Ausdruckes erleuchtet die Drei.
Einige Saisonen, haben Darek und seine Frau, nicht zusammen im gleichen Hotel gearbeitet. Jetzt müssen sie nur noch heraus bekommen, wo Soltan zu diesen Zeiten war.
Das Handy klingelt. Die Sekretärin von Marco geht ran. Sie sagt, auf der Seiser Alm hätte Darek mit Jolka und auch Soltan, in mehreren Betrieben gedient.
"Jetzt wird's lustig", ruft Marco. "Wir können hier auch noch andere Betriebe abklappern."
Der Aussage der Sekretärin folgend, dürfen sie noch eine Hütte und zwei Hotels besuchen. Eine neue Runde beginnt.
Sie fahren gleich wieder los. Noch am gleichen Tag.
Der Kofelblick und der Zirmadler sind noch fällig. Die Drei sind sich einig, es sind mehr Hotels und Hütten, als diese, zu besuchen. Einen schaffen sie noch. Den Rest werden sie mit Terminen von zu Hause aus erledigen.
Die Auffahrt zum Kofelblick ist für sie schon fast ein Kunststück. Die Wege sind versandet und teilweise mit Kies belegt. Marco fährt das wie ein Profi. Toni, eigentlich der Mann mit mehr Fahrpraxis, eiert gewaltig auf den Wegen. Monika verkrampft sich teilweise. Sie begegnen Wanderern, die einfach keinen Platz machen wollen. Kühe und Schafe hingegen, machen bereitwillig Platz. Sogar die Hunde, das Wachpersonal der Herden, gehen respektvoll zur Seite.
Der Kofelblick ist eigentlich eine gut ausgebaute Hütte. "Hier könnten wir auch Etwas essen", sagt Monika. Die frische Luft scheint bei ihr das Hungergefühl zu beleben. Aus dem Schatten des Schlern sieht die Seiser Alm wie ein Garten aus. Der Plattkofel leuchtet im Nachmittagslicht wie eine Goldkuppe.
Bei einem Gespräch mit der Chefin des Hauses stellt sich schnell heraus, Darek und auch die Anderen waren hier. Alle gehen ins Büro und kopieren die entsprechenden Unterlagen. Die Chefin weiß, Soltan war allein bei ihr. Auch Jolka und einige ihrer Freundinnen. Darek hat zu dieser Zeit nur kurz bei ihr geholfen. Am freien Tag von einem ihrer Kellner. Darek arbeitete eigentlich schon im Zirmadler. Der Weg dahin ist etwas umständlich und nur zu Fuß in knapp zwei Stunden möglich. Darek hat Jolka deshalb nicht jeden Tag besucht. Wie scheint, hat Soltan die Fehlzeit ersetzt.
Langsam aber sicher, ergibt sich für die Drei eine Spur.
Nach Feierabend schauen die Drei, ob schon Törggelen angeboten wird. Noch nicht. Es finden aber schon Weinfeste statt. Toni meidet das. Er mag keinen Wein. Marco hingegen sagt, er gibt einen Suser aus. In Bozen. Am Magdalener wird schon der Suser ausgeschenkt. "Dann gibt es sicher auch schon etwas Törggelen", sagt Monika.
"Ich mag keine warme Blutwurst", sagt Marco.
"Aber das Bauchfleisch von hübschen Schweinchen, magst du ganz sicher", antwortet Toni. Marco kann nicht widersprechen und Monika lacht. Der Suser hat Toni geschmeckt. Toni hat nur ein kleines Glas getrunken. Marcos Glas war doppelt so groß. "Jetzt kannst du nicht mehr fahren", sagt Toni zu seinem Kollegen. "Der Suser hat nur ein Prozent Alkohol", antwortet Marco. "Das Gläschen wird kaum messbar sein. Meine Weinbrandbohnen im Schreibtisch haben mehr Alkohol."
"Aber hinfallen darfst du heute nicht mehr", antwortet Toni.
"Wir fahren eben vorsichtig nach Hause", sagt Monika.
"Wir treffen uns morgen im Büro", gibt Toni zum Besten. In Meran trennen sich die Drei.
Auf Tonis Hütte kommt Monika auf den Punkt. "Ich glaube nicht an die Schuld Dareks. Das war sicher jemand Anderes."
Toni scheint sich nicht sicher zu sein. "Wir brauchen mehr Spuren."
Am Morgen im Büro sind die restlichen Meldungen vom Arbeitsamt und von den Patronaten angekommen. Beim Studium und dem Vergleich der Daten, fallen Monika, Namen auf. Namen, die auch im Zusammenhang mit den Österreichischen Autodiebstählen stehen. Toni schüttelt den Kopf, als ihm das Monika mitteilt. Marco schlägt umgehend vor, Monika als freiberuflichen Detektiv einzustellen. Die Anträge lässt er im Büro verfassen. Bei seinem Vorgesetzten will er damit selbst anfragen.
Das Team um Marco kümmert sich also jetzt um die Diebstähle, die Ermordung Soltans und versucht, Zusammenhänge zu finden. Jetzt kommt genau der Moment, den Toni schon befürchtete.
Von den Österreichischen Kollegen bekommen sie sämtliche Namen und Fotos der vermeintlichen Bandenmitglieder. Mittlerweile geht es nicht mehr nur um Autodiebstähle. Das Ganze scheint sich auf Wohnungen, Hütten, Garagen und Schuppen auszudehnen. Toni bestellt schon zwei Beistelltische für sein Büro. "Die Akten werden uns erdrücken", sagt er lächelnd.
Monika schlägt vor, Opfer von Diebstählen zu befragen. Dazu bestellen sie extra noch Protokolle über die Aussagen der Opfer. Die Kollegen haben das schön geordnet nach dem Diebesgut. Es fängt mit Fahrrädern an und endet bei Spielsachen, Skiern und Fahrzeugteilen. Eine Sparte behandelt den Diebstahl von Fahrzeugpapieren und Unterlagen. Toni muss lachen, als er sieht, eine Sparte für Ersatzreifen und Bordwerkzeug gibt es auch. Monika findet eine Sparte mit Sexspielzeug."Was die Leute alles im Auto mitführen", sagt sie lachend. "Da fehlt nur noch die Sparte für Kücheneinrichtungen."
Die Drei stellen fest, viele Saisonkräfte, die in den Sommermonaten in Südtirol gearbeitet haben, taten das im Winter, in Österreich. An die Schweizer Daten kommen sie im Moment nicht heran. Das erscheint ihnen auch weniger wichtig.
Jetzt gehen sie daran, die einzelnen Arbeitsstellen zu erfassen und wer, wo gearbeitet hat. Damit hoffen sie auf Zusammenhänge. "Bei diesem Fall gewinnt die Büroarbeit", stöhnt Toni. "Wir kommen selten vor die Haustür."
"Da wird nix mit Spesenkost im Feinschmeckerparadies", scherzt Marco.
"Da gibt es wieder trocken Brot mit etwas Speck", antwortet Monika."Zum Glück wird wenigstens das Trockenfleisch nicht alle", pflichtet Toni bei.
"Nachdem, wie ich es sehe, bekommen wir reichlich Bewegung", stellt Toni nach dem Studium der Unterlagen fest. "Wir kommen auch wieder Mal ins Pustertal. Wie ich sehe, nach Toblach, Reischach und nach Kiens."
"Das klingt interessant", sagt Monika.
"Wir haben bisher kaum Spuren. Wir suchen die Nadel im Heuhaufen", sagt Marco. Er wirkt verzweifelt. "Das Schlimmste ist eigentlich, dass wir nicht in die Personalzimmer können. Wenn sie dort Diebesgut lagern oder mitführen, sind wir bis jetzt machtlos."
"Mit einer Vollmacht könnten wir schon nachschauen", sagt Marco.
"Gibt es die eventuell blanko?", fragt Toni.
"Ich kümmere mich", antwortet Marco.
"Jolka hat eine Kollegin oder Freundin", sagt Monika. In allen Betrieben, in denen Jolka arbeitete, arbeitete auch ihre Freundin. Sie heißt Dunja."
Monika wird für die zwei Kommissare immer wertvoller. Sie hätten das nicht im Geringsten gemerkt.
"Von der Freundin, Dunja, ist der Bericht vom Patronat oder vom Arbeitsamt zu ziehen", sagt Marco. Er wirkt heute etwas nervös. Die Ermittlung zieht sich zu langsam hin. Toni spürt das.
Beim weiteren Studium der Unterlagen entsteht der Eindruck, mit den Diebstählen kann der Tod Soltans nicht unbedingt zusammen hängen. Es muss andere Motive geben. Vielleicht ist es gar eine Beziehungstat? Toni schüttelt den Kopf. Wer bringt in dem Umfeld seine Freunde und Kollegen um? 'Die haben doch alle untereinander intime Beziehungen', denkt er sich. Moni sieht das Rauchen des Kopfes von Toni. Als könnte sie ahnen, an was Toni gerade denkt, sagt sie ihm aus eigener Erfahrung: "Unterschätze nicht die Beziehungen der Saisonarbeiter untereinander."
Marco lässt ein Schreiben aufsetzen, mit dem die Vermieter der Personalzimmer offiziell gebeten werden, aufmerksam die Zimmer der vorläufig Verdächtigen etwas genauer zu kontrollieren. Diebesgut ist zu melden. Ohne Aufruhr. Toni ist sich fast sicher, die Vermieter gehen von sich aus schon die Zimmer der Saisonkräfte durchwühlen. Irgendwie kennt er seine Landsleute. Er kennt zwei Saisonkräfte persönlich, die das sogar heimlich gefilmt haben. In Privaträumen ist das Filmen erlaubt. Sobald die Zimmer vermietet sind, sind es Privaträume. Und dort darf man filmen. Er hat diesbezüglich mal einen Streit geschlichtet. Zum Glück konnten sich die Parteien einigen. Der Vermieter wollte lediglich vermeiden, in kriminelle Machenschaften verwickelt zu sein. Rauschgifte sind auch in Südtirol ein Thema. Bei dem Gedanken, öffnet sich die Ermittlung noch etwas. 'Ist vielleicht Rauschgift mit im Spiel?', denkt er sich. Er fragt seine Kollegen. Marco weiß, wovon Toni spricht. Er hatte früher einige Fälle mit österreichischen Saisonkräften. "Dem Gedanken folge ich nicht so direkt. Saisonkräfte aus Osteuropa sind einfach zu arm für den Rauschgiftkonsum."
"Und für den Handel damit?", fragt Toni.
"Naja. Für den Handel braucht es schon auch Einiges an Kapital. Für Lau macht das auch da Keiner."
Der Gedanke gefällt Toni. Trotzdem wird er das Thema im Auge behalten.
"Wir müssen uns aufteilen", sagt Marco. "Einer fährt auf die Seiser Alm, einer ins Pustertal und einer bleibt im Büro."
Der Vorschlag gefällt Toni und Monika. Monika wird beauftragt, in den Unterlagen die offenen Fragen zu suchen. Marco will ins Pustertal und Toni soll weiter auf der Seiser Alm ermitteln. Es kommen sicher noch Hotels und Gaststätten dazu. Monika ist schon am Aufschlüsseln der Meldungen vom Arbeitsamt. Sie spricht jetzt schon vom Eisacktal und von einer Bozner Gaststätte. Sie sucht aktiv die Übernachtungen der Saisonarbeiter. Die Vermieter sind schwer zu finden und auch sonst, extrem verschlossen.
Marco sagt, in der näheren Umgebung kann Monika auf eigene Faust ermitteln. In den kommenden Tagen bekommt sie eine Karte und einen Ausweis dafür. Monika geht fast rückwärts, als sie das hört. Vor der Tür ruft sie schnell zu Hause an. Frieda geht ans Telefon. "Ich komme in naher Zukunft etwas seltener. Ich bin jetzt Detektiv."